AMI WARNING

Wie kurz vorm Ende der Welt wir stehen, wissen wir nicht. Das zeitweise Gefühl, dass es noch nie so schlimm war – egal, ob im Privaten oder gesellschaftlich – das kennen aber wohl die meisten. Und manchmal braucht es genau diese Weltuntergangsstimmung, um die Perspektive zu wechseln – denn kurz vorm Ende der Welt sehen wir klarer. Ohne Schmerz kein Glück. Und ohne Mut keine Kunst. 

Ami ist gesprungen ohne zu wissen, wo sie landen würde. Nach vorne und gleichzeitig zurück an den Anfang – dahin, wo die Sehnsucht zu Hause ist, dahin, wo der Moment mehr zählt als die Zukunft, dahin, wo die eigene Intuition der wichtigste Antreiber ist. 

„Kurz vorm Ende der Welt“ ist kein klassisches viertes Album geworden. Es ist ein Mixtape. In Eigenregie aus dem Bauch heraus entstanden – dieses Mal ohne Studio, ohne ProduzentInnen, ohne Erfolgsdruck, ohne doppelten Boden. Ihre langsam groovenden Beats erinnern an die Golden Era des 90ies-HipHop. Die reduzierten und ungeschliffenen Instrumentals lassen auch Reggae und Latin durchschimmern. Vor allem aber lassen sie Platz für Amis große Stimme, die alleine schon soviel erzählt – weich und unerschütterlich gleichzeitig. 

Gerade weil Ami diese acht Songs erstmal ganz für sich selbst geschrieben hat, lässt uns die 26-jährige Münchnerin mit „Kurz vorm Ende der Welt“ als Künstlerin näher an sich heran als je zuvor. Und wer sich von ihnen berühren lässt, kommt bestimmt auch sich selbst ein bisschen näher – denn in ihren Texten macht sich Ami immer auf die Suche nach dem Wesentlichen, dem, was das Leben ausmacht. 

Es geht ums Erwachsenwerden und darum, wie schwierig es manchmal ist, in unserer Welt den kindlichen Enthusiasmus zu behalten („Blaue Augen“). Es geht ums Mutigsein („Jetzt“), ums Lebendigsein („Schöne Stunden“), ums Loslassen („Kurz vorm Ende der Welt“). Es geht um Selbstbestimmung und das Gegen-den-Strom-Schwimmen („Hallo Kinder“). Um den stärksten Menschen in Amis Leben, ihren Vater Wally Warning, der immer noch mit den Folgen einer schweren Krankheit kämpft – und gegen die sich Ami so oft einen Zauberspruch wünscht („Simsalabim“). Es geht um schwierige Zeiten („Es ist wie es ist“) und immer wieder auch um die Frage, was danach kommt – nach dem Ende der Welt („Dort“). Ami zeigt uns: „Kurz vorm Ende der Welt“ ist immer auch Platz für Hoffnung. Und ein Mixtape voller Momentaufnahmen für die Ewigkeit. 

Text: Kaline Thyroff
Pressefoto: Steff Zinsbacher